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HEINRICH KOVAR
VITA SHORT
Heinrich Kovar gehört zum Urgestein der St. Anna Kinderkrebsforschung. Der Professor der Molekularbiologie ist seit den ersten Gründungsjahren des Institutes dabei und hat ganz maßgeblich dazu beigetragen, dass dieses noch immer wächst und floriert. Nach seiner Zeit als Wissenschaftlicher Direktor der St. Anna Kinderkrebsforschung bis 2017 konzentriert er sich nun gemeinsam mit anderen führenden Experten weltweit hauptsächlich auf seine wissenschaftlichen Projekte zum Thema Ewing Sarkom, einem bösartigen Knochenkrebs, der hauptsächlich im Kindes- und Jugendalter auftritt. Fünf bis acht Kinder jährlich sind in Österreich betroffen. Die langfristige Überlebensrate bei diesem aggressiven Tumor beträgt lediglich 50 bis 60 Prozent. Seit drei Jahrzehnten arbeitet Heinrich Kovar nun daran, die Ursachen und Mechanismen dieser Tumorerkrankung zu entschlüsseln. Enorm viel hat sich in dieser Zeit verändert und wesentliche Erkenntnisse wurden gewonnen. „Früher hat man nur den Wald gesehen, heute sehen wir auch die einzelnen Bäume darin“, vergleicht Heinrich. Möglich machen das moderne Analysetechnologien wie Next Generation Sequencing, die in kurzer Zeit die Dechiffrierung ganzer Genome erlauben. Auf Basis solcher molekularbiologischen Analysen gelang es ihm gemeinsam mit Partnern, das erste immunologische Merkmal des Ewing Sarkoms, das Oberflächenprotein CD99 zu ermitteln, sowie den Verantwortlichen für die Entstehung des Ewing Sarkoms zu identifizieren: EWS-FLI1, ein entartetes Fusionsprotein, das bei 90% aller Ewing Sarkome vorliegt. Je nach Aktivität dieses Proteins entscheidet sich der Tumor zu wachsen oder sich zu verbreiten, zu metastasieren. Aktuelle Studien der Forschungsgruppe zielen darauf ab, die gefährliche Ausbreitung, also die Metastasierung des Tumors zu unterbinden. Dazu erforscht das Team um Heinrich Kovar die Plastizität, also die Verformbarkeit von metastasierenden Tumorzellen. Denn Kinderkrebszellen verhalten sich ähnlich wie embryonale Zellen. Sie können extrem anpassungsfähig sein. Nur so ist es möglich, dass sie z.B. aus dem sehr sauerstoffarmen Milieu im Knochen vorwiegend in das sehr sauerstoffreiche Milieu in der Lunge hinein metastasieren, was eine komplette Umstellung vieler Zellmechanismen erfordert. „Wenn es gelingt, den zugrundeliegenden Mechanismen auf den Grund zu gehen, wird es möglich, geeignete Therapien finden und anwenden zu können“, ist Heinrich Kovar überzeugt.
WAS HAT MICH BEWOGEN, WISSENSCHAFTLER ZU WERDEN?
Zunächst, sagt man, war ich ein äußerst experimentierfreudiges, neugieriges und naturverbundenes (bis heute) Kind. Zudem entstammte ich einer Familie, in der es unter meinen Vorfahren und Verwandten vornehmlich Wissenschaftler (Mathematiker, Physiker, Philosophen, Biologen), Mediziner und Künstler gab. Das hat sicherlich meine Entscheidung für ein naturwissenschaftliches Studium beeinflusst.
Ausschlaggebend aber für meinen Entschluss, Wissenschaftler zu werden, waren aber sicherlich drei Personen:
Meine Chemielehrerin in der Schule, die uns Schüler bis aufs Äußerste forderte und mich mit den Worten „Der Kovar stellt zwar meist nur dumme Fragen, aber er fragt wenigstens“ animierte, immer wieder Fragen zu stellen – eine Grundbedingung für einen wissenschaftlichen Werdegang.
Der Professor für Biochemie an der Universität (zufällig der Ehemann meiner Chemielehrerin in der Schule), der mich bei meinem Abschlussrigorosum solange befragte, bis mir schweißüberströmt nichts mehr einfiel, obwohl ich davor alle Fragen richtig beantwortet hatte, weil er mir zeigen wollte, dass man nie alles wissen kann.
Und zu guter Letzt, der Professor für Biochemie der Medizinischen Universität (damals noch Fakultät), der eine Vorlesung über ein molekularbiologisches Spezialthema mit unaussprechlichem Titel hielt, der aber mit einer solchen Faszination vortrug, dass ich beschloss, das möchte ich unbedingt einmal selbst machen. Dieser Professor war übrigens ständig verschnupft in seinen Vorlesungen. Erst später erfuhr ich, dass er in seinem Labor über Schnupfenviren (Rhinoviren) arbeitete und sich offensichtlich mit allen Stämmen und Mutanten infizierte. Er starb leider viel zu früh, und so konnte ich ihm nie sagen, dass er mich zur Molekularbiologie brachte.